Die Geschichte der ARGE Wien beginnt bereits in den 1970er Jahren mit der Initiative einer Gruppe von Sozialarbeiter*innen des Bahnhofs-Sozialdiensts der Caritas. Sie richteten in den Diensträumen des Bahnhofs-Sozialdienstes für die Wohnungslosen sogenannte „Kaffeerunden“ ein. 1978 starteten die Sozialarbeiter*innen das erste Tageszentrum Wiens: den „Klub für Obdachlose“ in der Humboldtgasse.
Förderungen gab es keine. Der Klub verdiente das nötige Geld mit Flohmarktverkäufen – ein neuer und ungewöhnlicher Weg, Sozialarbeit zu finanzieren. Noch verrückter war nur noch die Idee, Arbeitsprojekte für Wohnungslose zu starten. Zu diesem Zweck gründeten die Sozialarbeiter*innen 1979 die ARGE Wien.
Die ersten Jobs für Wohnungslose aus dem Tageszentrum Humboldtgasse waren Sortierarbeiten von Sachspenden an die Caritas. Was die Caritas nicht verwenden konnte, verkaufte die ARGE Wien bei Flohmärkten. Mit dem Erlös schaffte sie einen ersten LKW an und richtete ein Warenlager ein. Ihren endgültigen Betriebssitz fand die ARGE Wien in einer ehemaligen Aufzugfabrik in der Ottakringer Lorenz-Mandl-Gasse.
Kunden waren die Gemeinde Wien, der Bürgerdienst oder die Israelitische Kultusgemeinde. Sie gaben Aufträge für Entrümpelungen, Hof- und Dachbodenräumungen. Ab 1987 erreichte der Verein eine Eigendeckung der Kosten von 70–80 %.
Schon Ende der 80er-Jahre hatte die ARGE begonnen, sich auch für die Schaffung von Wohnraum zu engagieren. Dank des mittlerweile autarken Transport- und Räumungsunternehmens sowie Förderungen des Fonds Soziales Wien konnten bis heute acht Wohnhäuser für 400 Bewohner*innen in Betrieb genommen werden.
Man erzählt sich Geschichten darüber, wie die Wohnungslosigkeit beendet wurde – ganz einfach, indem man Menschen Wohnungen gab. Währenddessen reparieren wir in der ARGE Altwaren. So können wir Brauchbares gut weiterverkaufen. Viele geschickte Menschen finden dadurch eine sinnvolle Beschäftigung und Zeit, sich dabei mit anderen zu unterhalten. Nach der Schwemme von digitalen Plattformen mit fake Profilen und fake Geschichten haben echte Dinge einen großen Stellenwert. Die ARGE hatte wieder eine verrückte Idee. Sie schuf einen Ort für das Eine, das KI zwar gut simulieren, aber nach wie vor nicht ersetzen kann: Menschlichkeit.